Aber ja doch! Seit vorgestern habe ich einen Plan, und seit gestern 26 Klipperl vom Knie entklipperlt wurden, auch wirklich was zu tun. Also so richtig mit Leibesübungen, Gehen lernen, Stehen lernen (ist nämllich total verschieden!), Knie strecken, dehnen und entwässern. 
Zu diesem Zweck wird das Bein in eine Art Riesenstrumpf, den Lymphomat, eingegeschlossen (links) und der nette Herr, der den Reißver- und die Klettverschlüsse schließt, dreht am Regler und fixiert ihn auf der Stufe “erträglich”. Und dann würgt der Strumpf das Bein, pumpt eine Viertelstunde lang Lymphflüssigkeit ab und wat soll isch sagen: so ganz falsch lag meine Mama mit ihrer Wortschöpfung von der Lynchdrainage gar nicht…
Mir geht es schon richtig gut: ich sause auf meinen Krücken wie ein Wirbelwind durch die Gegend und darf sie schon “cool” halten, also vorne am Griff, quasi wie Wanderstöcke und nicht länger mehr wie Gehhilfen. Außer frühmorgens. Man scheint hier von Turnvater Jahn inspiriert zu sein und propagiert Frühsport; bis 09:00 Uhr heute früh hatte ich schon drei (3!) Anwendungen – und um da pünktlich anzutreten, stehe ich sogar früher auf als daheim – und da schläft mein Knie noch halb ist weit weg von “cool”.
Ansonsten lerne ich jeden Tag neue Abkürzungen, gestern zum Beispiel stand auf meinem Stundenplan unter der Überschrift Heilmittel von 08:15 Uhr bis einschließlich 08:18 Uhr “Vorstellung OA”, als Behandler war “Herr OA” angegeben. Der Dreiminutenstint führte in das Zimmer eines älteren Herrn in Weiß, der mich mit dem falschen Namen ansprach und mir gratulierte, dass die Heilung meiner Hüfte schon so weit fortgeschritten sei. Da sag’ ich zu dem Herrn: “Herr OberArzt”, hab ich gesagt, “das wäre ja auch noch schöner; die habe ich ja auch von einem US-Army-Doctor schon im Mai 2014 bekommen.” Wir sind leicht irritiert voneinander geschieden, und ich schreibe diesen blogpost, während ich auf seine Visite warte. Vielleicht sagt ihm heute wer ein, wer ich bin und was mir fehlt.
Außerdem gibt es noch ADLs, was nicht etwa ein Krankheitsbild ist, sondern für “Activities of Daily Living” steht. Ich war seinerzeit Klassenbeste in der amerikanischen Cripple Class und kannte das meiste schon, habe jedoch aktuell gelernt, dass der Unterschied zwischen Amerikanern und Deutschen darin besteht, dass erstere gerne für jede “”Activity” ein kleines Gerätscherl austüfteln und verkaufen, während die deutschen Unterweiser darauf abstellen, dass man sich mit allerlei sowieso schon im Haushalt vorhandenen Alltagsgegenständen zu behelfen lernt.
Der Unterschied zwischen Frauen und Männern ist, dass erstere geradezu entzückt auf die Anwendungsvarianten für – zum Beispiel – ein Handtuch reagieren und die Mehrheit der Letzteren nicht aufpassen, sondern sich recht bräsig zurücklehnen will. “Des macht dann mei Frau für mi.” Es ist wirklich höchste Zeit, dass das Zeitalter der alten weißen Männer endlich endet.
Mir persönlich würd’s morgen passen; ich kann’s aber auch heute noch einbauen, zwischen MTT und HKG.