System kaputt

Schnell nach Feierabend Rucksack und Regenjacke oben abwerfen und dann noch was für die Mittagsbrotzeit morgen und das Abendessen heute besorgen, außerdem Pfandflaschen wegbringen. Dauert normalerweise keine 10 Minuten. Soweit der Plan.

Die Eingangstür zum Supermarkt geht nicht auf, dafür geht die Ausgangstür nicht zu. An der steht eine ganz arme weibliche junge Hilfskraft im Supermarktschürzle und muss den potentiellen Kunden in gebrochenem Deutsch erklären, dass “heute seit halb vier nix mehr System und darum ganz ganz lange warten, mindestens Viertelstunde.” Was soll’s, das liegt so knapp über meinem Zeitplan, dass ich mich auf das Abenteuer einlasse. Meine Fresse! Was eine Studie in technischem und menschlichem Versagen.

Der Pfandflaschenautomat tut nicht, der Flaschen annehmende Schürzenmann kann nicht kopfrechnen und reiht die Zahlen für die einzelnen Flaschengruppen auf einem Post-it untereinander. Noch unterschreiben, datieren und dazu sagen, dass dieser Bon-Ersatz nur heute gildet, und schon ist dieser Teil erledigt. Andere Supermarktmitarbeiter füllen Regale und Truhen auf, weil an Kassen und Waagen, wo sie sonst um diese Tageszeit rödeln, nichts mehr geht. An allen Kassen und Waagen? Nein, nicht doch. An der Wurst- und Käsetheke werkt ein einzelner Mensch, der gern auch was schneidet, die Scheiben dann weitab vom Besteller auf der einzige funktionierenden Waage an der Fleischtheke wiegt und des Hin- und Herrennens müde, aus voller Stimme sein “Darf’s auch mehr sein?” Richtung Kundin brüllt. Gut, die Aufgabe mit dem Brotbelag hätten wir auch gelöst, auf zu den Kassen. (Brot hol ich eh bei Pfister, sofern ich es bis zu deren Ladenschluß noch schaffe.*)

Zwei von sechsen funktionieren. Was man halt so funktionieren nennt. Der Scanner liest Barcodes, verwandelt sie in Zahlen, irgendwas in der Maschine addiert und das wars dann. Der Bezahlvorgang ist nämlich davon abhängig, dass sich die Kasse öffnet und das daaauuuuert. Ca. 10 Minuten pro Transaktion. Weil ich so flott war, muß ich nur warten, bis die drei vor mir ihre Einkäufe abgeschlossen haben. Die Schlange hinter mir windet sich inzwischen durch den halben Markt und alle sind aggressiv wie Hölle. Das Kassenpersonal, das (gemessen) bis zu 8 Minuten lang Löcher in die Luft starrt, bis Sesam sich endlich öffnet, die Kunden, die ihre Ware auf dem Laufband nach vorne schieben, die Kunden, die irgendwann entnervt und unter Beschimpfungen ihre vollen Einkaufskörbe auf den Boden knallen, andere, die das bissel fürs heutige Abendessen einfach irgendwo liegen lassen. Einfach alle.

Wie’s (wahrscheinlich) ausgegangen ist, lese man in Stephen Kings “The Mist” nach – ich war da zum Glück schon weg.

* Beim Bäcker hatte sich auch eine der beiden Kassen verabschiedet – Mann, war ich froh, dass ich das letzte Brot bekommen und sonst nix mehr gebraucht hab.

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