Der 5. Dienstag

Was wie eine Kapitelüberschrift bei Mary Poppins klingt und im Buch meist in ein wundersames Abenteuer führt, bietet auf den Straßen von Palo Alto Anlaß zur Anarchie. Der dortige Magistrat hat nämlich das Straßenkehren streng geregelt: 4 Mal im Monat finde es statt, davon je zwei Mal auf der rechten (1. und 3. Dienstag) und je zwei Mal auf der linken Straßenseite (2. und 4. Dienstag). Mehr ist nicht vorgesehen und nicht budgetiert. Punkt. (Puritaner halt. Wenn man lange genug sucht, kann man den Kehrwochen-Ursprung bestimmt in der Bibel finden, zB in der Luther-Übersetzung: “Im Monat vier, schadet ihm nicht und nicht mir.”) Damit das Straßenkehrauto auch gut wischen kann, herrscht der Einfachheit halber bis 09:00 Uhr früh Parkverbot. (In manchen Straßen auch zwischen 09:00 und 10:00 Uhr, aber das ist jetzt zu kompliziert, dat krieje mr später.)

Über die Einhaltung des Parkverbots wachen die Mitarbeiter des “Parking Enforcement Department” in ihren kleinen Wägelchen (Modell “Interceptor I” – “III”). Weil sie aber nicht überall gleichzeitig aufpassen können, und weil fast jeder mit dem Auto von sonstwo angefahren kommt, um rechtzeitig in Palo Alto zur Arbeit anzukommen, führt das zu so absurden Auswüchsen wie dem, daß sich auf den Bis-09:00-Uhr-Straßenseiten ab ca. 08:45 Uhr die Autos sammeln und keiner aussteigt. Pünktlich um 09:00 öffnen sich dann bis zu 30 Fahrer-, manchmal auch noch Beifahrertüren in einer perfekten Choreographie gleichzeitig und Menschenmassen strömen unter Türschloßgepiepe ihren Arbeitsstätten zu. (Die Kollegin aus New York bezeichnet das als “Manhattan-Style Parking”, denn, wie immer in Amerika, beanspruchen die New Yorker, daß sie’s erfunden haben. Wer auch sonst?)

Immer am 5. Dienstag wird’s dann verrückt und wild, weil es für diesen Tag keine Regel gibt und jeder zu jeder Uhrzeit überall parken darf. Huiuiuiu!

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