Back to normal

So langsam hört es hier wieder auf mit dem Neujahrwünschen*, weil jeder jeden seit dem 1. Januar schon mal wieder gesehen oder anderweitig Kontakt hatte. Das heißt im Umkehrschluß, sie sind alle wieder da und verstopfen mir den 101. Statt flotte 30 Minuten brauche ich wieder zähe 60 auf dem Weg zum/vom Büro und an komfortables Parken gleich im nächsten Block ist gar nicht mehr zu denken. Dienstags ist sowieso immer noch mehr Verkehr als an jedem anderen Wochentag und in Palo Alto werden die Straßen gereinigt, was dazu führt, daß die Hälfte aller parkbaren Straßen von Knöllchenschreibern belagert wird, die $42.00 für die ersten drei Stunden berechnen und dann wieder, bis zu drei Mal. (Ein Tag in der Parkgarage kostet $16.00.) Ein funktionierendes Nahverkehrssystem hätte wirklich etwas für sich.

Nun aber Schluß. Genug gemeckert.

In den verkehrsamen Tagen hatte ich angefangen mich zu fragen, woher das Gerücht stammt, daß die armen Amerikaner keinen Urlaub haben. In der Bay Area stelle ich auf jeden Fall das Gegenteil fest; die “Großen” (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft, Ebay…) haben alle mindestens die Woche zwischen Weihnachten und Neujahr zugemacht, meist sogar bis Dreikönig und ihre Mitarbeiter in einen ausgedehnten Erholungsurlaub geschickt. (Ich weiß, sie tun das nicht aus Altruismus; ausgeruhte Menschen lassen sich besser ausbeuten als ausgebrannte. Trotzdem.) Es gibt insgesamt 11 Federal Holidays, die sich mit ein wenig Geschick zu ausgedehnten Wochenenden strecken lassen (so gut wie niemand arbeitet am Freitag nach Thanksgiving, es sei denn, er wäre im Verkauf tätig und müßte die shoppenden Massen bedienen und abkassieren und das Ansinnen, am 24. Dezember werktätig zu sein, würde inzwischen von den meisten Amerikanern als unverschämt zurückgewiesen werden, selbst wenn Santa erst am 25. kommt), dazu kommt, daß die meisten Unternehmen sogenannte PTO days (paid time off) anbieten, über die die Arbeitnehmer frei verfügen können (d.h. allerdings auch, daß aus diesem Konto Krankheitstage abgedeckt werden müssen). Besonders hier in der IT Industrie klotzen einige ohne Unterbrechnung ein, zwei, drei Jahre ran und nehmen dann ein längeres Sabbatical (gesetzt den Fall, daß sie vor lauter Schuften nicht krank geworden sind).

Der große Unterschied zu Deutschland ist, daß der Gesetzgeber keinen Urlaub vorschreibt und ausschließlich der Markt bestimmt. Wer einen miesen Job braucht, in einem strukturschwachen Gebiet lebt, schlecht ausgebildet ist etc. pp. kann von PTO und Federal Holidays nur träumen. Dennoch, wenn sich Obama mal wieder richtig in die Nesseln setzen will, dann sollte er ein Bundesurlaubsgesetz erlassen. Es würde ihm gehen wie mit der Gesundheitsreform. Eine Großzahl von Amerikanern wäre dagegen, weil sie sich vom Staat weder eine Krankenversicherung vorschreiben lassen wollen, noch gar Erholungsurlaub. Das wäre ja noch schöner!

 

* Wohl um das Jahresneu hervorzuheben, heißt der entsprechenden Gruß: Happy NEW Year (mit der Betonung auf new, und nicht, wie man aufgrund langjährigen Schulenglischs erwarten würde auf Year – das dürfen nur blonde Ausländer http://bit.ly/8xghwb.)

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