Heute back’ ich noch mal (Brauen ist verschoben)

Weil man ein gut organisierter Mensch ist, liest man zunächst die Rezepte nach und schaut dann sicherheitshalber in den Schränken, ob auch alles im Haus ist. Zucker und Salz, Butter und Schmalz, Ameise, Eier und Mehl, noch eine Ameise – Halt a mal: Zum Safran nachschauen komme ich gar nicht: die Drecksviecher haben mal wieder zur Invasion geblasen. Fuck! Erst mal den Lebensmittelschrank komplett ausräumen.

Halb so schlimm: Teebeutel, Nudeln, Reis, Konserven, Nuß und Mandelkern haben sie zufrieden gelassen, an Mehl waren sie nicht interessiert, in der Zuckerdose sieht’s allerdings aus wie animierter Ant Font in 3D. (Es handelt sich um eine Blechdose, fest verschlossen. Man fragt sich immer, wie sie’s doch schaffen.) Hmmm. Aussieben? Angesichts der Heikligkeit mancher Menschen, die meine Plätzchen mit Genuß essen sollen, verwerfe ich den Gedanken kaum, daß er aufblitzt. Also schnell zum Seven/Eleven, Zucker nachkaufen. Umziehen? Für den unausgeschlafenen Typen an der Kasse und die übliche Kundschaft in diesem Etablissement? Quatsch! Ich will nicht behaupten, daß ich overdressed war, aber meine Jogginghose war wenigstens sauber und ich trug eine dem Wetter angemessene Regenjacke.

So, endlich alles beieinander. Ameisen ignorieren und Teig rühren. War nicht einfach: Der süße Duft muß die Viecher zum Wahnsinn und auch noch den letzten greisen Ameisenopa aus dem Bau getrieben haben – die Straßen wuchsen in jede Richtung auf vier und fünf Spuren an. Trotzdem, ignorieren, das Gerührte kneten und dann kalt stellen.

Das zweite Rezept ist wesentlich aufwendiger. Es beginnt damit, daß im Wasserbad Eiweiß und Zucker mit einem Schneebesen solange verrührt werden, bis die Masse honigartige Konsistenz annimmt. Das dauert immer wesentlich länger, als man vermutet und erlaubt beim Rühren einen unverstellten Blick auf die schwarzen Massen, die durch den fast leeren Schrank marodieren. Es sind scheint’s schon wieder mehr geworden, daß ich Datteln hacke müssen nun selbst die hartnäsigsten gewittert haben. Hah, endlich! Die Konsistenz stimmt, nun Nüsse, Mandeln, Datteln, Gewürze unterheben und aus dem Baatz kleine Bällchen formen, die dann auf dem Blech vor dem Backen ein wenig vortrocknen sollen. Trockendauer: ungefähr zwei schöne lange Telefonate mit Freunden in Deutschland. (Beim zweiten Telefonat Ameisenköder aufgestellt und den Schrank zugemacht – es war nicht mehr zum Ansehen.)

Weiter mit dem zweiten Teig. Der sollte eine Viertelstunde abkühlen, hat aber etwas über fünf Stunden im Kühlschrank geruht und ist jetzt steinhart. Macht nix, als Frau weiß man mit dem Nudelholz umzugehen. Klischee, aber was will man machen.* Sternchen, Madeleines und Boxhandschuhe ausgestochen, fein mit Ei bestrichen, flugs gebacken und fertig sind:

Oriental Delight und Feines Schwäbisches Teebrot
(So fein, daß im schwäbischen (!) Backbuch steht: “Man spare für dieses Rezept nicht mit der Butter”.)

*(This one’s for you, Matthias.)

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