Als Europäer hat man hierzulande für die Thanksgivingfeiertage einen anderen Zeitplan als Eingeborene (ganz schlimm: http://bit.ly/VXHrrg), nämlich:
Mittwochabend: NICHT in endlosen Staus auf der Autobahn stehen oder in langen Schlangen am Flughafen, um deutlich verspätete und überbuchte Flieger zu besteigen, sondern stattdessen nett beim Chinesen zu Abend zu essen und von den Riesenportionen die Hälfte für eine weitere Mahlzeit zu Hause einpacken lassen.
Donnerstag: NICHT im Familienkreis der Truthahnvöllerei* frönen und sich anschließend bis aufs Blut zu streiten, sondern ausschlafen und anschließend in Moss Beach zwischen den Tide Pools rumhüpfen (Seesterne satt!, Photos später), sich ganz kurz zu wundern, daß außer Toni und mir fast ausschließlich Asiaten am Strand sind, draufzukommen, daß die mit Thanksgiving auch nichts am Hut haben und auf dem Heimweg im Autoradio Arlo Guthries “Alice’s Restaurant Massacree” vorspielen lassen (25 min. lang). Ganz kurz noch einmal der Kollegin zu gedenken, die, als man ihre Frage “What fun plans** do you have for Thanksgiving?” mit “None. Thanksgiving doesn’t mean anything to me.” beantwortet, Geräusche und einen Gesichtsausdruck produziert, die sich als eine interessante Paarung von Mitleid und Neid interpretieren lassen.
(Falls wer noch Fragen hat, hier eine kurze Darbietung zur Geschichte des Feiertags: http://bit.ly/Tnc3o0, gefunden von Toni. Danke.)
Freitag: NICHT in überfüllten Kaufhäusern seit Mitternacht (spätestens im Morgengrauen und schlimmstenfalls schon seit Tagen davor campierend) mit anderen um unglaubliche Schnäppchen zu prügeln – dem Dilemma ausgesetzt, daß Walmartmitarbeiter immer noch keine Gewerkschaft und somit ihr Thanksgiving damit verbracht haben, die Regale für kaufwillige Kunden aufzufüllen und dann ab Donnerstagabend und das Zeug rund um die Uhr zu verkaufen, sondern im Garten in der Sonne liegend zu lesen und nichts nichts nichts anderes zu brauchen …
Samstag: DOCH flugs zu Walgreens, wo es in einem “Three Day Sale” 3 Packungen Waschmittel zum Preis von einer gibt (dafür bin ich doch zu sehr Schwäbin) und bei dem kurzen Aufenthalt im Laden die Augen der Gefährdungsgrenze zur Rot-Grün-Überflutung auszusetzen und die armen Ohren von “I’ll be home for Christmas” sowie “Rudolph, the rednosed reindeer” vollgemüllt zu bekommen. (Beim Mexikaner wars dann “Feliz navidad”, was es aber auch nicht besser macht.)
Sonntag: Noch ein freier Tag vor mir und das schöne Wetter soll halten.
* In den letzten Wochen wurden die “Chefs” (Meisterköche) der Nation in Radiointerviews befragt, wie man denn vermeiden könne, daß der Truthahn trocken werde. Den Vogel abgeschossen hat dazu ein vegan lebender Kollege mit seiner (sehr trockenen) Empfehlung: “Don’t grill the dam’ bird. Have broccoli instead.”
** In Amerika kann man nicht einfach “irgendwas” vorhaben. Es muß schon ein “Spaß-Plan” sein.
*** Nachdem ich mich nun so erfolgreich vor Thanksgiving gedrückt habe, gilt es jetzt, die Vorweihnachtszeit zu überstehen. Erster Auftrag an die Evolution: bitte bitte Ohrenklappen!