Ausgezeichnet

Ich war ja noch nie zu so einer Veranstaltung geladen, wo die Stadt München einem der Ihren (oder von ihr Vereinnahmten) einen Preis verleiht, aber weil es ja für alles ein erstes Mal gibt, war ich gestern Abend mit einer ganzen Menge kulturinteressierter Münchner (das ist so eine Art gehobene Variante der Schickeria) im Festsaal des Alten Rathauses, und habe dem erfrischend unprätentiösen OB Reiter dabei zugesehen, wie er Klaus Doldinger auszeichnet.

Es war recht nett zu beobachten, dass nichts nach Plan verlief. Statt Festrede spielte erst mal Doldinger mit seinen Begleitern auf und gab dem Publikumsaffen gleich mit der zweiten Nummer den Tatorterkennungsmelodiezucker – und übrigens die Nummer ist, in der jazzigen Langversion, ein rechter Ohrenschmaus. Dann begrüßte der OB alles, was Rang und Namen hatte und die anderen irgendwie auch, dann übergab er, recht beiläufig, die Urkunde für den kulturellen Ehrenpreis 2016 an den Preisträger (“Ja, wo san’S jetzad, Herr Doldinger? I hob da no an Preis für Sie.”). Anschließend sprach der Laudator, Günter Rohrbach und die Rede, wie der Herr, wirkten ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Dass er die Namen großer Jazzmusiker falsch aussprach, geschenkt. Dass es in seiner Welt im Süden der USA eine Stadt namens Neu-Orleeang gibt, auch. Aber seine kleinen Bonmots mit dem Herrenwitz-Hautgoût, die sind selbst bei Teilen des doch sehr reifen bürgerlichen Publikums auf Ungnade gestoßen.

Sei’s drum. Er hatte seine Rede irgendwann fertig vorgelesen, dann kam Doldinger mit seinen Mannen wieder auf die Bühne und Doldingers leicht schwafligen Ausführungen hat seine liebe Gattin recht schnell ein Ende bereitet. Danach wieder Musik, unter anderem als Überzuckerl “Das Boot” (ich hätte den Percussionisten am liebsten mit nach Hause genommen und behalten), danach wurden die Massen zu Häppchen und Gläschen geladen und wir haben uns durch die Menge geschlängelt und ein paar Häuser weiter im kulturpreisfreien Restaurant diniert.

Eine Beobachtung am Rande: Es scheint eine mir bis dato noch nicht bekannt gewesen seiende Vorschrift zu existieren, was die Schals von Photographen auf dergleichen Veranstaltungen betrifft. Alle trugen mehr oder minder auffällige Karomuster, alle hatten die beiden Enden durch die Schlaufe gezogen und alle trugen den Knoten rechts. Ich denke, die korrekte Bezeichnung lautet Knipserknotenkonvention.

Und noch was: wenn ich wirklich je mal achtzig Jahre alt werden sollte, dann wäre ich gerne so fit wie Musikant* Doldinger.

 

* “Musikant” war die von Rohrbach hartnäckig postulierte Berufsbezeichnung. “Musiker” war ihm aus unerfindlichen Gründen nicht gut genug.

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *

three + 9 =